Konfirmationspfad Station 3 von 6
3. Das Lüdertor
Die Nachricht über den Konfessionswechsel zum Protestantismus ging im Eilverfahren durch die Grafschaft. Schritt für Schritt wurden die weitreichenden Beschlüsse der Homberger Synode umgesetzt. Landgraf Philipp I. säkularisierte die Klöster, was bedeutet, dass er sie verstaatlichte und von der Kirche löste.
Der Landgraf setzte die finanziellen Mittel der Klöster für mildtätige Zwecke ein und verbesserte damit erheblich die Wohlfahrt, die Fürsorge und die Bildung in der Region. Er gründete 1527 die erste evangelische Universität in Marburg, die Philipps-Universität, aus einem ehemaligen Dominikanerkloster des 13. Jh. und richtete 1529 eine Stipendien-Anstalt für Studenten seiner Grafschaft ein. Jede Stadt in seiner Grafschaft musste für die Anstalt Mittel eintragen und durfte im Gegenzug einen Studenten entsenden, dem durch die bis heute existierende Hessische Stipendiatenanstalt das Studieren ermöglicht wurde.
Landgraf Philipp konnte so seinen Wunsch nach einer besseren, weitreichenden Bildung verwirklichen. In Haina und Merxhausen wurden Klöster zu Hospital-Stiftungen für Kranke und Notleidende umgewidmet. Bis heute dienen beide Orte als psychiatrische Anstalten des Hessischen Landeswohlfahrtsverbandes.
„Key facts“ zum Ort – Das Lüdertor
- Damals war es der einzige Zugang zur Wasserfestung, es wurde jedoch 1537 vom Rangenturm zu seinem heutigen Platz versetzt, um eine breitere Hauptstraße bauen zu können.
- Der Name stammt vom ersten Kommandanten der Wasserfestung: „Heinz von Lüder“ (siehe Hörspiel)
- Heinz von Lüder wohnte in dem Haus, in welchem heute das Museum der Schwalm ist.
Station 3: Das Lüdertor
Erzähler: Um mehr über die Geburtsstätte der Konfirmation zu lernen, beschließt Philipp, an einer Stadtführung mitzunehmen. Dabei erfährt er viel über die Vergangenheit Ziegenhains.
Führerin: Wir befinden uns hier vor dem Lüdertor. Nachdem die Ziegenhainer Festung im Zeitraum zwischen 1537 und 1546 von Landgraf Philipp I, dem Landgrafen Hessens, zu einer Wasserfestung umgebaut wurde, wurde dieses Tor von dem Rangenturm, welcher an der Hauptstraße liegt hierher versetzt und war der einzige Zugang zur Festung. Benannt wurde es nach dem ersten Kommandanten der Festung: „Heinz von Lüder“. Wenn ihr genau geradeaus schaut, könnt ihr seinen ehemaligen Wohnort sehen. Heute ist dort das Museum der Schwalm.
Philipp: Warum wurde denn genau dieses Tor nach ihm benannt und kein Denkmal oder etwas in der Art?
Führerin: Es gibt ein sehr altes Gedicht von August Kopisch über Heinz von Lüder, es geht folgendermaßen:
„O wehe, Heinz von Lüder, wie ist um dich mir leid!
Du hast die Stadt verteidigt so tapfer lange Zeit!
Nun soll, bei Kaisers Bann,
sich selbst zu retten,
dich, seinen treu’sten Mann,
der Landgraf hängen in Ketten!
O Ziegenhain, unselige Stadt,
wo echte Treu solch Ende hat!“:
Philipp: Der Landgraf hat ihn in Ketten gehängt? Warum sollte er das denn tun?
Führerin: Eine gute Frage: Kurz vor dem Schmalkaldischen Krieg von 1546 bis 1547 bekam Heinz von Lüder von dem Landgrafen Philipp I persönlich den Oberbefehl über die Festung. Dem damaligen Kaiser Karl V gefiel nicht, dass Landgraf Philipp die Reformation unterstützte und ließ ihn einsperren. Ein kaiserlicher Beauftragter namens Reinhard zu Solms erschien und forderte die Übergabe der Festung, wogegen sich Heinz von Lüder aber wehrte. Er sagte: „Der freie Landgraf hat mir die Festung übergeben. Und einem freien Landgrafen werde ich die Festung wieder übergeben.“
Damit verweigerte er nicht nur den Befehl des Kaisers, er forderte außerdem die Freilassung seines Landgrafen, was seine uneingeschränkte Loyalität bewies. Daraufhin verlangte der Kaiser von dem Landgrafen selbst, seinen treusten Mann, Heinz von Lüder, zur Strafe in Ketten zu hängen.
Philipp: Aber das konnte er doch nicht wirklich gemacht haben, oder?
Führerin: Ja und nein. Als Landgraf Philipp I wieder freigelassen wurde, hing er ihn wirklich in Ketten. Aber nur für einen kurzen Moment und zwar in goldene Ketten, die er sogar behalten durfte. Und das geschah an genau diesem Tor, das heute deswegen „Lüdertor“ genannt wird.
Erzähler: Ob diese Geschichte wahr oder nur erfunden ist? Das weiß man nicht so genau, deswegen ist es auch nur eine Legende. Sicher ist man sich jedoch, dass Landgraf Philipp I und Heinz von Lüder tatsächlich Freunde waren. In Ziegenhain ist ein Spruch überliefert, der zum Hessischen Reformationsjubiläum 1526 in die Glocke der Schlosskirche eingraviert wurde.
„Lass uns im Glauben, Herr, stets sein – so fest und treu wie Ziegenhain.“