Konfirmationspfad Station 4 von 6

4. Die Schlosskirche

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Durch die zahlreichen Maßnahmen zur Stärkung der Region und Durchführung der Reformation galt Landgraf Philipp I. schnell als einer der Vorreiter der Reformation in Deutschland.

Landgraf Philipp nutzte das Instrument der Visitationen, bei dem vier vom Landgraf berufene hohe Geistliche sämtliche Pfarreien besuchten, um zu überprüfen, dass gemäß dem Evangelium gelehrt werde. Bei Verstößen wurden Pfarrer abberufen, sodass letztlich die Landgrafschaft Ziegenhain einheitlich protestantisch geführt wurde.

In zwei wichtigen Fragen der Glaubenslehre und ihrer Ausführung gab es unter den Protestanten Konflikte. 1529 lud Landgraf Philipp die führenden protestantischen Theologen in das Marburger Schloss ein: Martin Luther und Philipp Melanchthon, Ulrich Zwingli und Johannes Calvin. Sie sollten sich in der Glaubenslehre einigen und gingen dann doch wegen eines einzigen Punktes im Streit auseinander: Zwingli und Calvin teilten nicht die Auffassung Luthers zum Abendmahl. „Wir sagen: Das ist Jesu Leib!“ betonte Luther in der Präsentation des Brotes beim Abendmahl. Es muss heißen „Das bedeutet mein Leib!“, so die Auffassung der beiden Reformatoren aus der Schweiz. Landgraf Philipp verstand den Streit nicht. Er empfand diesen Streit als sinnlos, eine strategische Niederlage für die Einheit der neuen Lehre. Beeindruckt war er von Martin Bucer, der lange versuchte zu vermitteln.

Weniger als zehn Jahre später spitzte sich eine weitere Auseinandersetzung in Glaubensfragen zu. Täufergruppen entstanden, Gemeinden, die sich absonderten, weil sie mit der Kindertaufe nicht einverstanden waren. Innerhalb kürzester Zeit hatte Philipp bereits etliche von ihnen festgenommen und größtenteils in Marburg eingesperrt.

Jedoch erinnerte sich Philipp an Martin Bucer und bat ihn, Gespräche mit den Täufern, die dort im Gefängnis saßen, zu führen, was er dann auch tat.

Bucer ließ sich auf die Kritikpunkte der Gefangenen ein, sodass dann aus seiner Hand ein Kompromiss entstand, dem auch die Täufer zustimmten: eine Kirchenordnung, die als „Ziegenhainer Kirchenzuchtordnung“ in die Geschichte eingehen sollte.

Er führte das Amt der „Kirchenältesten“ ein, die zusammen mit den Pfarrern die Gemeinde leiten sowie die Lehre und das Leben in der Gemeinde prüfen sollten. Auch sollten sie auf die getauften Kinder achtgeben und die Eltern ermahnen, diese bei angemessenem Alter zum Katechismus-Unterricht, heute Konfirmandenunterricht, zu schicken. Wer zum Abendmahl ging, sollte dessen „würdig“ sein.

Im Unterricht sollte der christliche Glaube vorangebracht werden, bis die getauften Kinder als „vollwertige Mitglieder“ der christlichen Gemeinschaft zugelassen werden konnten.

„Key facts“ zum Ort – Die Schlosskirche

  • Sie steht am Ort der zerstörten Kirche, in welcher die erste Konfirmation stattfand. (Diese war der heiligen Katharina geweiht)
  • Die frühere Kirche reichte etwa bis zur Mitte des Paradeplatzes.
  • In der angrenzenden Festungsschule fand der erste Konfirmandenunterricht statt.

Station 4: Die Schlosskirche

Erzähler: Philipp weiß, dass Landgraf Philipp eine wichtige Rolle in der Konfirmation gespielt hat. Aber was hat er eigentlich genau getan? Um das zu erfahren, spricht Philipp mit dem sehr erfahrenen Dekan Christian Wachter.

Philipp: Ich danke ihnen für Ihre Zeit!

Dekan: Aber gerne doch, wie genau ich dir kann behilflich sein?

Philipp: Ich möchte gerne etwas über den Landgrafen Philipp wissen. Welche Rolle hat er denn genau bei der Konfirmation gespielt?

Dekan: Nun, schon bald nach der Reformation sorgte sich Landgraf Phillip um die Einheit der protestantischen Kirche. Das lag daran, dass man sich stark um die Bedeutung der Taufe stritt.

Philipp: Warum sollte man sich bei der Taufe uneinig sein?

Dekan: Eine damalige radikal-reformatorische Bewegung, das Wiedertäufertum, lehnte die Kindertaufe ab. Sie sagten, die Taufe würde ein aktives, persönliches Bekenntnis zum Glauben voraussetzen.

Philipp: Und was hatte Landgraf Philipp damit zu tun?

Dekan: Er hatte vom Kaiser die Wahl bekommen, sie entweder des Landes zu verweisen oder hinzurichten. Das Problem war, dass sie zunehmend radikaler wurden. Ihre Forderungen waren, die Erwachsenentaufe einzuführen und die Kindertaufe abzuschaffen.

Philipp: Etwa weil die Kinder nicht richtig wussten, was die Taufe bedeutet?

Dekan: Ja richtig, sie sind in dem Alter noch nicht fähig, die Sakramente richtig zu empfangen, jedenfalls sagten das die Wiedertäufer. Im Jahre 1529 wurden sie dann offiziell als „Ketzer“ verfolgt und hier gingen die Meinungen Luthers und die des Landgrafen auseinander: Martin Luther, Begründer der Reformation, fand die Verfolgung richtig, Landgraf Philipp wollte in seiner Grafschaft keine Andersgläubigen umbringen.

Philipp: Und was geschah dann mit den Wiedertäufern?

Dekan: Der Landgraf bat den Theologen Martin Bucer aus Straßburg, den er durch den Reformator Philipp Melanchthon kannte, sie für die evangelische Landeskirche zurückzugewinnen. Er kam mit den Wiedertäufern ins Gespräch, aus welchem dann eine Kirchenordnung entstand.

Philipp: Etwa die Ziegenhainer-Kirchenzuchtordnung?

Dekan: Fast richtig, sie wurde dann hier in Ziegenhain redigiert, also überarbeitet, und dann 1539 veröffentlicht.

Philipp: Ich danke Ihnen vielmals, ich hätte nicht gedacht, dass der Landgraf eine so wichtige Rolle bei der Einführung der Konfirmation gespielt hatte.

Dekan: Es war mir eine Freude!

Erzähler: Tatsächlich war Martin Luther bis zu seinem Tode kein Befürworter der Konfirmation, da sie in seinen Augen eine zu starke Anlehnung an das katholische Sakrament, die Firmung, hatte. Er hatte außerdem die Befürchtung, der Landgraf würde noch weitere Sakramente einbringen.